Seit Jahren gehypt, stehen die Millennials – auch Generation Y genannt – bei vielen Unternehmen und Marken jetzt ganz oben auf der Begehrlichkeitsliste, sei es als tatkräftige Talente, kaufkräftige Konsumenten oder einflussreiche Markenbotschafter. Auf Youtube demonstrieren einige ihrer prominentesten Vertreter in diesen Tagen allerdings eindrucksvoll, dass sich Marken- und Personalverantwortliche 2015 an dieser Generation die Zähne ausbeissen werden, wenn sie sich nicht auf die geradezu kompromisslosen Erwartungshaltungen der aus dem Teenie-Alter herausgewachsenen Generation einstellen.
Die Millennials haben eine neue Spezies von Medien-Stars geschaffen: Sami Slimani, Daaruum, LeFloid oder Y-Titty stellen mit ihren Youtube-Channels die Medienlandschaft einer neuen Generation. Diese Youtuber sind zwar einem erstaunlich großen Teil des Internetpublikums völlig unbekannt, in ihrer millionenstarken Zielgruppe dagegen gelten sie als Größen, mit Reichweite und Einfluss. „Aus (dieser) Szene wird derzeit eine richtige Branche, Spaßprojekte polieren sich zu professionellen Kleinstunternehmen.“, so beschreibt das Wired-Magazin in seiner aktuellen Ausgabe die Entwicklung. Dabei sind sie populäre Sprecher ihrer Generation geworden, von denen man lernen kann.
Millennials verstehen es, sich selbst in Marken zu verwandeln.
Diese Youtube-Stars sind prominente Vertreter einer Generation, der es laut Time Magazin zwar an Empathie fehlt, um Mitgefühl für andere Menschen zu entwickeln. In dem viel diskutierten Artikel heisst es, diese „Me Me Me Generation“ habe Probleme, die Argumente anderer Menschen intellektuell zu verstehen. Was Millennials andererseits aber hervorragend verstünden sei sich selbst in Marken zu verwandeln. Dafür bloggen sie, stellen ihre Bilder und Videos auf Youtube und Instagram und präsentieren sich als eine optimistisch pragmatisch anpackende Generation – die dank Digitalisierung trotz kleiner Budgets vieles bewegen und sogar die Welt verbessern möchte – was sie wiederum so sympathisch mache.
Loyalität – nicht um den Preis der Freiheit
Das große Selbstvertrauen in das eigene Können und ihre Unabhängigkeit von großen Budgets haben die Loyalität der 16-36jährigen gegenüber Arbeitgebern, Marken und Geschäftspartnern schrumpfen lassen. Das mußte vor dem Ablauf des letzen Jahres auch Mediakraft spüren. Das Unternehmen bündelt Videokanäle der Youtuber, um ihre Reichweite für Werbekunden zu erhöhen und baut – so das Versprechen – seine Stars auf der Videoplattform auf. Follower-König und Reichweiten-Zugpferd Simon Unge kündigte seinen Vertrag mit Mediakraft allerdings nun mitsamt seinen erfolgreichen Känäle „Unge-spielt“ und „Unge-sehen“ überraschend und publikumswirksam mit einem Wutvideo öffentlich auf. Er fühlte sich einfach nicht mehr ernst genommen, sogar ausgenutzt.
Damit steht er nicht allein da. Kurz zuvor hatte sich auch Followermillionär und Kollege LeFloid von Mediakraft getrennt. Und Anfang dieser Woche kündigten mit Apecrime die nächsten deutschen Youtube-Mega-Stars dem Vermarktungsnetzwerk, so dass sogar die Wirtschaftswoche darüber berichtete. Was passiert da eigentlich?
Baby Boomers werden von der Unabhängigkeit der Millennials überrascht.
So wie Mediakraft geht es vielen Marken und Arbeitgebern. Sie werden von der Kompromisslosigkeit und fehlenden Loyalität der Generation Y geradezu überrumpelt.
US-TV-Comedian Stephen Colbert begründet diese Überraschung der etablierten Generation, zu denen sicher auch die aktuelle Generation von Marketing- und Personal-Managern gehören, über das Auftreten der Millennials in einer Ansprache an Absolventen der Universiät of Verginia humorvoll treffend: „So self obsessed — tweeting your Vines, hashtagging your Spotifys and Snapchatting your YOLOs — your generation needs everything to be about you,…and that’s very upsetting to us baby boomers because self-absorption is kind of our thing (…) I believe we have given you a gift, a particular form of independence, because you do not owe the previous generation anything. Thanks to us, you owe it to the Chinese.“
Was bleibt Marken und Unternehmen zu tun, um den Anschluss an die Millennials nicht einfach zu verlieren – wie Mediakraft es dieser Tage erlebt?
1. Marken müssen Haltung zeigen und für ihre Werte einstehen
Wie kaum eine andere Zielgruppe erwarten die Millennials von ihren Marken und Arbeitgebern Haltung. Scheint es bisher so zu sein, dass viele Marken sich eher dem Grundsatz verpflichtet sehen, so harmlos wie möglich zu erscheinen, werden sie von dieser Generation regelrecht herausgefordert, Position zu beziehen:
73% der Millennials erwarten von Marken, dass sie einen Standpunkt zu Themen entwickeln, die sie betreffen.
73% erwarten ebenfalls, dass Unternehmen ihren Einfluß geltend machten sollten, um andere in ein Thema, das ihnen wichtig ist, zu involvieren (MSLGroup, February 2014).
Für Unternehmen heißt das umgekehrt: Mit ständiger Neutralität und defensiver Grundhaltung (i.e. „Lieber weichgespülte Werbung kreieren als anzuecken) wecken sie bei Millennials, die in einem immer größeren Meer von Branded Content schwimmen, eher den Verdacht, etwas zurückhalten und verstecken zu wollen.
Transparenz und eine klar kommunizierte Haltung sind das Gebot der Stunde im Umgang mit Millennials. Wertemanagement wird für Marken zum Mittelpunkt des Umgangs mit einer anspruchsvollen Generation.
2. Marken sollten die digitale Revolution mitgestalten
“Millennials fühlen sich technologisch auf dem neuesten Stand”. Das stellt die Telefónica Global Millennial Studie 2014 als wichtigstes Ergebnis fest. Für Unternehmen und Marken heißt das: Sie sind mitten in der digitalen Revolution, deren Zukunft von einer Generation gestaltet wird, deren engster Verbündeter die Technologie ist.
Marken, die sich nicht auf das digitale und technologische Niveau der Millennials bringen, haben kaum eine Chance, mit ihnen zu kommunizieren. Denn die neuen Generationen nutzen die Technologie als Mittel zur Lösung sämtlicher Alltagsprobleme, indem sie über Suchmaschinen nach benötigten Informationen suchen, Wissen austauschen und sich selbstverständlich in Echtzeit gegenüber Freunden und Unternehmen positionieren. Relevanter Content, digitales Storytelling und Marketing Automation gehören zu Marketingstandard des Jahres 2015.
3. Arbeitgeber sollten Karriere und Work-Life-Balance zugleich bieten.
Für Unternehmen im Wettbewerb um die besten Talente heißt es bei dieser Generation bei der Gestaltung des Arbeitsumfeldes umzudenken, das bestätigt neben er Telefonica Studie auch eine aktuelle PwC-Studie: Eine adäquate Work-Life-Balance und die persönliche Weiterentwicklung im Job sind Maßstäbe des Erfolgs, das sei dieser Generation mitunter wichtiger als finanzielle Kompensation. Auch Vielfalt in Bezug auf die Belegschaft und Arbeitsbedingungen stehe im Mittelpunkt. Unternehmen wie Telekom, Microsoft, IBM und Google gehen bereits diesen Schritt auf die Millenials zu.
4. Millennials als individuelle Wölfe betrachten, nicht wie eine Herde Schafe
„Millennials sind eine Generation von Wölfen, nicht Schafen“. So beschreibt das Online-Magazin Mashable die Millennials. Obwohl es verlockend scheint, Millennials per Definitionem in einen demographischen Sack zu stecken, gilt es für Unternehmen und Marken in 2015 mehr denn je, deren Individualität zu respektieren, Inhalte und Customer Experience auf die individuellen Interessen, unterschiedliche kulturelle Backgrounds und spezifische Kontexte auszurichten.
Fazit: Ohne #Haltung ist jede Marke nichts
Viel Umdenken ist also von Marken und Unternehmen im Umgang mit anspruchsvollen jungen Menschen gefordert. Aber als Belohnung werden sie Zugang, Vertrauen und Loyalität einer ungebundenen Generation Y finden, die die Welt verbessern möchte, sich aber niemandem verpflichtet fühlt.
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